vor400.de - 400 years ago

heute: Wed, 01 Jan 1625 (greg.) / 22 Dec 1624 (jul.)

Samuel Braun, Schiffsarzt, Afrikareisender,
berichtet von seiner 3. Reise 1616-1617

Worte vorab zum 1. Transkriptions-Versuch Sept. 2017.
Ich habe versucht, möglichst Buchstabe für Buchstabe zu übernehmen, um den Originalton zu treffen. Darunter leiden Grammatik und Rechtschreibung, aber meist ergibt sich der Sinn dieses 400 Jahren alten Deutsch noch sehr geht, spätestens beim lauten Vorlesen. Einige Kompromisse musste ich aber eingehen. "widerumb" (wiederum) versteht man noch sehr gut, auch "vbel" (übel) habe ich belassen - das "Fraw" (Frau) fand ich aber schwer lesbar und habe es angepasst. "Schiff" und "schiff" wechselten lustig ab, die Regeln der Groß- und Kleinschreibung habe ich nicht verstanden - es scheint offenbar keine zu geben. Wohl aus Platzgründen wird manchmal ein "haben" zu "habē" und ein "machen" zu "machē". Das "u" und "v" sind (meist) der gleiche Buchstabe, was ich meist angepasst habe. Und es gibt ein "tz"-Buchstaben, dem "ß" sehr ähnlich (oder derselbe?), den ich entweder als "tz" oder auch mal als "z" übernommen habe, dem heutigen Deutsch entsprechend. Jeder Zahl folgt ein Punkt ("24.Schiffe"), warum auch immer.
Da ich weder Historiker oder Germanist bin, mögen mir in meiner Unkenntnis (oder beim Tippen) Fehler unterlaufen sein. Ich würde mich sehr über Korrekturvorschläge an info[@]vor400.de freuen. Dafür habe ich hier und da einige (wie ich finde) interessante, weiterführende Links eingebaut.
- Oliver von @vor400


Schiffahrt/rc. Welche an der Zahl die

fünffte ist: In der Ordnung aber die
dritte seyn soll.

Nachdem ich Anno 1616. vor Ostern / von der
andern Reyß widerumb zu Amsterdam ankom=
men mit dem Schiff / mit welchem ich auß Hol= 
land gefahren / welches auch in einem Streit /
wie in der andern Reyß vermeldet / an Capo Lo=
po Consalvus bey der Insul S. Thomas gewaltig beschädiget
worden:  Hatten mich etliche Schiff Patronen / welche mich
wolgekandt / sonderlich einer von Roterdam / H nrich Wilhem=
son Puis genandt / angeredt:  Ob ich mit ihme auff seinem
Schiff / der Oranienbaum genandt / naher Portugall / Ly=
sabona / unnd von dannen nach Italien / Constantinopel /
unnd andern Orthen / da er möchte Ladung bekommen / rey=
sen wolte / unnd dieweil ich sonsten guten Lust gehabt / diese
Länder auch zu besichtigen:  Hab ich mich also bald mit ihme
verglichen.

  Also fuhren wir im Junio vorgemelted Jahres / von Am=
sterdam naher dem Tessel / und auß Holland mit einer zimlichen
Flotta auff das Meer. Da wir dan von einem gewaltige wind in
Engelland zu der Insul Wicht sind getrieben worde. Dasselbsten
S2.
lagen wir vber die 10. Tag. Damahlen ein klein Raubschifflein
in dem Hafen / die Küh genandt / kommen war. Alßbald wir sol=
ches vernommen / sind zween Orlogsschiffs Häuptleuth / nemb=
lich Ellard Thomas=son von Amsterdam / und Jan Tis=son
von Horn / auff selbiges Raubschiff zugefahren. Da nun die
Räuber es gemerckt / haben sie sich auff das Land begeben. Un=
sere zween Capitain aber haben das Schifflein durchsuchet / und
dasselbige / weil es klein / so nur 4 Stück Geschütz auff hatte / dem
Gubernator selbiger Insul und Hafens verehret.

  Vnser Schiff / der Oranienbaum genandt / hatte 240.              (ein Last = 40 Centner)
Last / 24. grosse Stücklein / 12. Steinstück oder Maurenbrecher /
und nicht mehr als 60. Mann.  Dann die Kauffleuth offter=
mahls grosse Schiff haben / welche mit Geschütz wol gezieret / aber
mit Volck vbel versehen sind / weil sie den grossen Unkosten sche=
wen / dadurch ihre Schiff offtermahls bey den Piraten oder
Meerräubern in grosse Gefahr kommen. Doch haben die Kauff=
leutschiff etwan besser Volck / als aber auff den Kriegsschiffen.
Dann sie viel lieber einem erfahrnen mehr Besoldung geben / als
einem unerfahrnen. Aber auff den Kriegsschiffen / achtet man es
nicht sehr / wann nur ihr Zahl ganz ist. Und ich hab offt selbst
erfahren / daß 60. Mann auff einem Kauffmansschiff im strei=
ten sich besser gehalten haben / dann 100. oder mehr auff Kriegs=
schiffen.
  
  Da wir aber guten Wind bekommen / sind wir auff S.
Johannis Tag auß Engelland glücklich abgefahren / biß wir         (Johannistag = 23. Juni)
das Königreich Portugall gesehen / und innerhalb 6. Tagen v=
ber die 300. Meil gesegelt. Da wir aber das Landt haben gese=    (Bringt sich 2 meil in 1 Stundt)
hen gegen dem Abend / ist uns der Wind ganz contrari oder zu
wider getroffen / nemblich Sudwest / und mit hin strenger Wetter
worden / also daß unser Schiff Patron und Steurmann sich be=
sorgten / es möchte etwan fehlen.  Derohalben sie es vermeindten
vom Land abzukehren / weil die Nacht verhanden. Aber es war
S.3
unmüglich. Dann der Wind je länger je mehr anfieng zu stür=
men / also daß der Patron / sampt dem Steurman / bezwungen
worden / 2. Ancker fallen zulassen / auff daß wir nicht etwas zu
nahe an daß Land kämen.  Damahlen war der Lufft sehr dun=
ckel / von wegen deß Sturmwinds / daß keiner den andern sehen
noch hören kondte / und sind die Barren oder Wällen vber das
Schiff geflogen / daß wir alle auff dem Schiff / biß in Mitternacht
genug außzuschöpffen hatten. Der eine Ancker ist zerbrochen /
der ander hat nicht mehr halten können / dann es Sandboden o=
der Grund war.  Also warff der Steurman das tieffe Looth /
welches ein grosser bleyener Stock ist / unden hool / und mit Unsch=    (Unschlit = Talg)
lit außgefüllet / dadurch sie die Tieffe und den Grund lehrnen er=
kennen. Dann der Grund sich an das Unschlit anhencket / bey
welchem Grund sie wissen mögen / in welchem Land sie seyen.
Also befand es sich noch 30. Klaffter tieff.  Derohalben der
Steuerman befahl / noch einen Ancker fallen zulassen / damit
wir nicht alle zu Grund giengen;  dann der sturmwind nicht
nachgelassen.  War deswegen ein grosser jammer im schiff: das
Ancker so wir fallen liessen / wolte nicht halten.  Dann das Ga=
bel oder Anckerseyl / 14. mannszoll dick / reiß entzwey / welches die
Gefahr und Angst vermehrte.  Wir hatten noch ein gar kleinen
Segel.  Endlich ließ der Steurman / sampt dem Hochboots=
man / das letzte Ancker fallen. Aber es war alles vergebebens. Dann
der Wind je länger je stärcker war / und trieb das schiff mit gewalt
auff das Land.  Welches solchen Schrecken im schiff machte / daß
einer den anderen vermahnete / sich Gott zu befehlen. Und hat der
Steurmann bezeugt / daß er sein Lebtag so streng Wetter nicht
gesehen: und uns gerathen / wer sein Leben begehrte zu salvieren /
der möchte es thun:  er als ein alter Mann wölle da bleiben / und
sich Gott befehlen.  Dieses jammers und angst Vorbott ist ohn
zweyffel gewesen das winßlen der Ratten / so in unserm schiff wie  (Vorbote des Schiffbruchs)
junge Katzen waren / welche ohngefehrlich 2. stund / ehe das schiff
S.4
auff den Grund stiesse / sich auß dem schiff begeben.  Darauff
dann der Steurmann gesagt:  Er wisse gewiß / daß das schiff
müste zu grundt gehen.  Derohalben befahl er / man solte das
Boot auß dem schiff thun / damit das Volck auff demselbigen
zu Land fahren köndte.  Er aber wolte nicht dareyn biß ihn end=
lich der Patron vberredt. Also fuhren wir alle im Boot etwas 4.
Schiffs Länge vom schiff. Da kam ein solche grosse Barren /
daß das Boot auch voll Wasser ward.  Etliche begaben sich
darvon / in Hoffnung / sich mit schwimmen an das Land zu sal=
vieren. Dadurch das Boot leichter worden. Die auff dem Feu=
erthurn hatten ein groß Feuer gemacht.  Wir aber waren
mehr als 2. stunden im Wasser / bis wir endlich an das Land kom=
men.  Unnd da wir die Stürzen oder Wällen (so sich obsich
schwingen / und im herabfallen sich widerumb hinauff stürzen)
gesehen hatten anlauffen / wiche ein jeder vom Boot dem land zu.

  Mir aber were es unmüglich gewesen / an das land zu kom=
men / wann mir unser Herr Gott nicht sonderlich sein Hülff er=
wiesen hette. Dann als mich das Meer auf das land warff / und
ich stehen wolte / zohe es mich widerumb zurücl. Doch kam zu
letzt ein groß stück Holz vom Segelbaum / welches ich ergriffen
hab / und mit Gottes hülff auff demselbigen / an das Land kom=
men bin / mit so grosser betrübnuß / daß es niemand bald glauben
wird / er haben dann deßgleichen selbs erfahren.

  Nachdem nun Gott mich errettet / und in das schöne unnd
warme Land Portugall gebracht / kam ich auff ein Höhe zu ei=
nem Fewrthurn und Castell / Cast=Calles genand. Allda lag ich
biß morgen allein / unnd wuste nicht / in welchem Land ich were.
Da nun der Tag angebrochen / kamen etliche Soldaten auß der
Festung / sampt etlichen Weibern / zu besehen / ob sie etwas möch-
ten sehen auff dem Meer.  Dann es gar hoch war / das man hat
weit in das Meer sehen kond. Und weil sie nahe zu mir kamen / be=
sorgte ich / sie möchten mir etwas leids zufügen / besonders /weil
S.6
ich allein war / und niemand von unserm Volck gesehen hatte:
deßwegen wolte ich ihnen etwas entweichen.  Aber vor grosser 
Schwachheit war es unmüglich.  Lage deßhalben still / biß
sie zu mir kamen.  Und sie mich gesehen / fragten sie mich: ob ich
ein Christ were? (dann offtermahlen die Türcken auch allda
zu Land kommen.) Ich antwortet in grosser Schwachheit auff
Spanische Spraach / so ich in Angola erlehrenet hatte:  Ja.
Sie fragten mich / wie es mir ergangen seye / weil ich allein were?
Bey ihnen war damahlen neben andern Weibern / wie droben ge=        (Moladin ein
meld / ein Spanische Frau / Moladin genand.  Dann sie war            Spanisch
gelb / deren Vatter ein Spanier / unnd die Mutter ein Schwar=        Weib thut
zin war.  Dieselbige Moladin fragte mich auch: ob ich ein            dem Author
Christ were? Und als ich ihr / wie zuvor / geantwortet: begehr=      viel guts.)
te sie an mich / ich solte mit ihro heim gehen in ihr Hauß. Ich war
sehr willig / und doch schwach: dann ich hatte noch viel Was=
sers in mir.  Sie that mir viel guts / als wann ich ihr eygen
Kind were / gab mir Baumöl zu trincken / damit das Wasser
von mir käme.  Sie behielte mich viel Tag / biß mein Schiff=
Patron kam / unnd nach mir fragte:  ob ich etwas Gelts hette?
Ich sagte / Gott soll ich dancken / daß er mir das Leben gefristet.
Dagegen fragte ich ihn / ob das Volck alles an das Land kom=
men were? Er zeigte an / daß noch 16. Mann mangleten / welche
er nicht kondte finden:  Etliche seyen schon naher Lysabona mit
einer Barcka gefahren:   Und wann ich begehrte / solte ich mit
ihme.  Aber es war mir unmüglich zu wandlen.  Also blieb ich
bey meiner Spanischen Frauen Moladin 3. Wochen / biß es bes=
ser mit mir worden.

  Morgendes tags war es fein Wetter. Derohalben die Fi=
scher an das Schiff fuhren / und holten darauß / was müglich
war:  dann das Schiff noch ganz / unnd das Meer kiem war.
Sie bekamen auch mein Balbierkisten / welche sie mir nicht ge=
ben wolten / ich gebe ihnen dann 2. Real von achten : die kondte ich
 
S.7
ihnen nicht geben.  Doch ward sie mir zuletzt / durch die Kauff=
leuth zugestelt.

  Da es nun anfieng mit mir besser zu werden / führete mich
die Moladin mit einer Barcka naher Lysabona in die Teusche
Capell. Daselbsten haben die Niderländer / Italianer / Franzo=       (Priesteren
sen / und Engelländer einen Priester / sampt einem Caplan: wel=       Freundlichkeit.)
cher die jenigen / so einen Schiffbruch erlitten / ehrlich pflegt zu
empfangen.  Derselbige Priester Pater Peter ein Niderländer
hat mir / weil ich noch etwas kranck war / einen zugegeben / wel=
cher mich zu einem Wundarzt / Johann Amman von Wien in
Oesterreich bürtig / geführet / welchem er / auß der Capellen Eyn=
kommen / für mich zubezahlen versprochen: ohnangesehen ich
dem Priester auff sein Fragen bekennet / ich were von Basel auß
dem Schweizerland bürtig.

  Dieser Wundarzt ist auch auff solche weiß ankommen /
welchen die Teuschen Kauffleut dahin befürdert. Dann es sonst
zu Lysabona keine Teutsche Wundärzt hat.  Derselbige hat
mir auch viel guts erzeigt / und mich 4. Monat lang beherbergt:
welches ihm Gott vergelten wölle.

  Im Fürgang muß ich dieses vermelden / daß es daselbsten
diesen wunderlichen Gebrauch hat: Wann ein schiff durch un=
glück an das Land kompt / alßdann der Eigner / oder der Herr deß
Schiffs / kein Ansprach mehr daran hat; es werde ihme dann
auß Gunst und umbs Gelt wiederumb zu kauffen gegeben. Un=
ser Schiff / darauff wir einen Schiffbruch erlitten / hat von an=
fangs 30000. Holländischer Gülden gekostet / ohne das Ge=
schütz und Munition/rc.

  Damahlen waren auch zu Lysabona 4. Holländische
schiff / 2. von Roterodam / und eines von Enkuysen / eines von A=
ckerschlot. Dieselbigen hatten eine grosse summa Gelts.  Dann
es darff niemands sein Gelt auß deß Spaniers Land führen /
außgenommen diejenigen / welche Korn oder ander Proviant in
S.8
Spanien führen.  Die andern Kauffmanschiff müssen ihre
Wahren vertauschen umb andere Wahren.  Dann welcher
Schiffer ergriffen wird / daß er Gelt im schiff auß dem land füh=
ret / derselbige wird auff die Galleen geschlagen / und ist das schiff
dem König verfallen.  Doch dergestalt: wer das schiff verzeigt /
solt den dritten theil davon haben.

  Nun hatten gemeldte 4. schiff eine grosse summa Gelts /
und machten sich 3 darvon.  Aber das vierdte von Roterodam /
in welche 24000. Realen von achten / und Edelgestein waren
vber 100000. Ducaten werth / hat deß Patronen Cornelius
Hoppon eines dapfferen Manns Schreiber verrathen / weil er        (Verrätherey.)
von ihme begehrt 500. Realen / welche er aber nit erlangen kond=
te. Dann er nicht anzeigen wolte warumb er dieselbigen forder=
te. Also fuhren die Spanier mit 4. Galleen naher diesem schiff /
und suchten das Gelt. Sobald der Patron solches sahe machte
er sich hinweg.  Und habendie Spanier das schiff geplündert.
Aber die Spanier haben den Verräther nicht gehalten / was sie
ihm versprochen.  Dasselbige schiff ist hernach etlichen Teut=
schen Kauffleuthen zu kauffen gegeben / unnd meinem Schiff=
Patron / als einem dapfferen und wolerfahrnen Schiffmann /
zugestellet worden. Zu derselbigen zeit / kamen 3. grosse schiff /
Portugalisch / Karackes genennet / auß Ost=Indien / welche et=
wan 900. Last groß sind / und gemeinlich 1000. Menschen auff
haben / wann sie auß Portugal fahren.  Als nun dieselbige schiff
zu Lysabona ankommen / hat man zum frölichen willkommen
alle Glocken zu Lysabona geleutet / und dapffer geschossen. Vier
tag nach diesem kam auch ein Karack / welche wohl 2000. Meil
Wegs gefahren. Hat aber deß Curß verfehlet / und also lehr heim
kommen. Demselbigen schiff / hat man kein Ehr erzeigt.

  Den 6. Octobr. kam auch an zu Lysabona die reiche Sil=
ber Flotta / auß West=Indien / nemlich 40. schiff / klein und groß /
welche Flotta vber die 9000. Mann auff hatte. Diese schiff wa=
S.9
ren alle gar reich geladen / außgenommen 6. Königliche Spani=
sche Galleonen / welche die Flotta confoyirt haben.  Es ist zwar
nicht ihr will gewesen allda eynzuhaffnen. Dann der Wind und
die Fortun sie dahin getrieben hat. Und sind von 20. gewaltigen
Türckischen Meerräubern besprungen worden / haben aber wei=
chen müssen / die Türcken werden sonst Meister worden. Auff der=
selbigen silber Flotta aber war groß Gut.  Dann etliche haben
für ihr Nachtlosament bezahlt einen spanischen Real.  Ihr Ge=
schirr / welches sie täglich brauchten / war mehrtheils von silber.
Sie müssen dem König 5. pro cento geben / außgenommen / was
sie zu ihrem Leib brauchen / als Knöpff / Messer / Löffel / Teller /
Häfen / Kandten / welches sie in West=Indien gar grob und töl=
pisch machen lassen / und keinen Zoll davon geben.

  Als nun mein Patron Ladung bekommen / nemblich 1500.
kisten Zucker / und 50. Fardo Zimmet: Fragt er mich / ob ich mir      (Fardo sind lä=
ihme gen Venedig fahren wolte?  Ich aber hatte kein Lust; son=         derne Säck.)
dern verbliebe zu Lysabona bis Weyhnacht. Damalen kam noch
ein schiff auß Holland / der gülden Falck genand / war ein ganz
new schiff / hatte aber keinen Wundarzt. Der Patron bekam bald
Ladung / nemblich 1200. Kosten Zucker / und 50. Fardo Zimmet.
Derselbige fragtet mich nun / ob ich mit ime fahren wolte / so wol=
te er mich eine gute Besoldung geben / und keinen mangel lassen an
frischen Medicamenten. Ich war zwar nicht gar lustig, jedoch hat=
te ich mich zu im versprochen / weil er mir viel guts zugesagt / und
monatlich 9. Realen von achten geben wolte:  beneben auch er=
laubte für mich selbs zu handlen / wie ich dann mit 2. monatsold (
so er mir gleich auff die Faust gegeben / gethan hab.  Sonst sind
noch 4. schiff in unser Companey gestanden / 2. Potugaleser /
welche naher Angola fahren wolten / und reich geladen waren /
und auff 6000. Ducaten geschätzt. Die andern zwey waren En=
gelländer / wolten in die Barbarey fahren.  Also sind wir den 6.
Janua. 1617. mit gutem wind auß Lysabona hinweg gefahren.
S.10
Den 9. dito Montags früh / als die Wacht geendet / stieg ein      (Montag 9.1.1617)
Mann auff den Mastbaum / zu sehen ob kein schiff sich erzeigte?
Da ruffte er / und sagte: Er sehe 5. grosse schiff / welches war zwi=
scheon Spanien und Portugal / nemlich an de Capo Santa Ma=
ria genand. Da vermeinten wir / wer weren spanier.  Sie laufften
streng auff uns. Derohalben der Admiral ein stück loß geschossen.
Auff welches unsere schiff sich zukamen verfügt: und fragte unser
Admiral was wir gesinnet weren? Da sagte die 2. spanier / und 2.
Engelländer / so bey uns waren / wie auch unser Patron: sie wolten
halten / was sie in der Admiralschafft versprochen. Machten uns
also hierauff fertig. Dieselbigen 5. schiff nun kamen zu uns / und
schoß der Türckische Admiral ein stück loß. Da sagen wir an den
Fahnen / daß es Türcken waren / wiewol sie allerley volck hatten.
Sie fiengen nun an zu ruffen und zu fragen / woher wir weren?
Unser Admiral sagte es.  Sie fragten weiers / war wir geladen
hatten? Inen ward geantwortet: Korn hetten wir geladen / damit
wir möchten darvon kommen. Aber es halff nichts.  Dann wir hat=
ten 2 schöne schiff / welche inen gar wol gefallen. Sagten deswe=
gen zu uns: wir solten uns ohne streit ergeben / so wolten sie uns gen
Algier führen / und dem schiffer dz schiff bezahlen. Aber unser Ad=
miral sagte: Es were ime nit gegeben worden zuverkauffen / son=
dern zuerhalten / so lang es müglich were: müste auch noch man=
chen blutigen kopff kosten / ehe er es verkauffen wolte. Diser Tür=
kischer Admiral hatte auff seinem Schiff (welches das kleineste
war under den fünffen) 24. stück geschütz und 200. Mann / fieng
derohalben an mit grossen Stücken zu schiessen.  Die andern
zwey hatten jedes 28. Stück / und 250. Mann. Die zwey grö=
sten hatten jedes 26. Stück unnd 300. Mann auff.  Wir 6.
alle aber hatten nur 225. Mann / und gar wenig Geschütz.
Da nun der streit etwas hart angieng / wichen die Portugale=
ser sampt den zween Engelländern hinden auß / der meynung /            (Gück und
sich zu salvieren.  Aber es war unser groß glück / daß diese vier       Unglück.)
S.11
Schiff von uns wichen. Dann ihnen 3. Raubschiff nachgefolgt
von morgen / biß die Sonn Süd=West worden / welches umb
die 3. uhr war: Da sie dann die 4. schiff nach langem streit bekom=
men. Hierauff sie sich widerumb auff uns gewendet / wichen wir
allgemach etwas beyseits / weil der wund sich uns gar wol fügte.
Unser Admiral / hat einem Räuber den vorderen Mast abge=
schossen / also / daß er von uns muste ablasse.  Sonsten wann er
uns mit streiten hette so lang auffhalten können / daß unser schuff bey
400000. Ducaten werth gehabt. Dann weil wir viel Couchei=
nil und etliche Säcklein mit Perlin hatten / wurden sie lieber die
4 schiff fahren lassen / und unserm schuff nachgesetzt haben.

  Da wir nun ihrer ledig worden / machtgen wir unsere sägel
widerumb auff / und fuhren naher Calles Malles in Hispanien.    
Dahin wir den andern Tag kommen sind. Allda fanden wir die
Spanische Armada / welche unser schuff visitiert.  Und als sie
sagen / daß wir im streit mit den Türcken gewest / auch etliche ver=   (Prinz Philipert.)
wundten / schickte uns der Spanische General Prince Philiper=
to von Saphoy etliche Fäßlein mit Wein / wie auch Pomeran=
zen unnd Citronen für die Verwundten: Mit dem anerbieten /        (Pomeranze = Bitterorange)
daß / wann wir die Räuber begehrten zu suchen / er uns etliche
Schiff=Hauptleuth / sampt etlichen Galeen / geben wolte. Aber
unser Admiral sagte: Er habe dessen keinen Befehl: Dann er
müste sein Reyß beförderen / wie er den Kauffleuthen geschworen.
Deß andern tags schickte er wiederumb an uns / und ließ uns ar=
restieren im Namen deß Königs auß Hispanien: Nam uns alle
Sägel auß dem schiff / und behielt uns 3. Wochen lang. Under
dessen kamen die 2. Engelländer / und klagten sich / wie die Tür=
cken mit ihnen gehauset / und das Volck auff den Portugalesi=
schen Schiffen so vbel geschlagen hetten: Sonderlich klagten sie /
wie ihnen drey schöne junge Knaben seyen geraubt worden.
S.12
  
  Gemeldte Armada begibt sich endlich auff das Meer. Ehe
es aber nacht ward / hatten sie schon ein groß schiff verlohren / mit
40. Metallenstück. Dann sie auff einen spitzen Felsen / de Por=
ckus genandt / gestossen ein schußwegs ausser dem Hafen oder
Porto.

  Deß anderen Tags hat man uns unsere sägel widerumb
zugestellet / mit der Entschüldigung: Sie haben sich besorgt, wir
möchten sie an einem Anschlag Auff Algier verhindern. Aber es
war nichts daran. Sie hatten erfahren / daß desselbigenmahls
24. Schiff mit Soldaten solten naher Venedig geführt werden.
Derohalben sie im sinn hatten / den Paß zu verlegen. Welches a=
ber ihnen gefählet.

  Also fuhren wir den 7. Hornungs widerumb auß von Cal=            (7. Feb. 1617)
les mit gutem Wetter. Deß andern tags bekam unser volck noch
ein groß Faß mit eysenen Banden vom schiff / welches zu grund
gangen war.  Sie vermeinten / es were Wein oder Oel.  Als sie
es aber in Schiff auffgezogen hatten / sagen sie / daß es nur
Wasser war.  Doch gab der Schiff Patron 4. Realen für
das Faß.

  Hierauff kamen wir under?em Capo Spart und Barba=
ria. Allda hatten wir contrari wind: und kamen etliche Verspin
Barcken und Spächschifflein auß Gibraltar / zusehen / was
wir für schiffe hetten. Dieselbigen vermeinten / wir seyen Hollän=
dische Soldatenschiff. Derohalben kam die ganze Armada auß
dem Meer auff uns / hatten ein Englisch schiff gezwungen mit
zu fahren.  Und da sich der Patron desselbigen gewidriget / ist er
auff dem Admiralschiff gefangen gehalten worden:  dargegen
hat man sein Schiff mit 15. Spaniern besetzt. Also fuhren sie
nach mitternacht auff uns zu.  Aber das Englische Schiff ist
nicht zu kommen / welches den Englischen schiff Patronen
bekümmert; weil er besorgte / sein Volck möchte etwan diese spa=
nier / in das Merr geworffen haben. Deß morgen früh kamen sie
S.13
zu uns / liessen die Trommeten dapffer gegen  Aber so bald sie ge=
sehen / daß wir keine Holländer waren / liessen sie ihre Ancker bey
uns fallen / und schickte der Admiral etlich volck zu unserem schiff /
denen mehr erlaubt zu holen dann zu bringen / wie der Krie=
gesschiffen brauch ist. Mein Patron verehret ihnen etliche Hol=
ländische Käß und Hammen. Sie wolten aber auch Zucker ha=          (Hammen = Schinken)
ben. Dann unsere schiff mit Zucker beladen waren. Hierauff lies=
sen sie uns dahin fahren.

  Deß andern tags fuhren wir in die Enge / und kamen un=
der Capo de Pallas. In der Nacht kamen widerumb 2. Türcki=
sche Meerräuber zu uns. Weil es aber finster war / liessen sie uns
fahren. Wir kamen under Capo Paser / welcher ligt 10. Meil von 
Malta. Unser Admiral hatte etliche Malteser Ritter auff dem     (Malteser Ritter.)
Schiff / welche er auff Malta bringen solte. Der wind aber war
ihme entgegen. Wolte sie deßhalben naher Sicilien führen / nem=
lich gen Syrcusa. Aber es hat ihnen auch nicht gefallen. Dann
wir ein klein schiff under dem Land sahen / und fieng auch an still
werden:  also daß der Admiral sie wolte mit dem Boot an das
Land führen. Sie sagen aber alßbald / daß 3. Furgata mit dem
kleinen schiff einen streitt hatten: und darum nicht an das Land
begehrten. Dann als das kleine schiff sich dapffer wehrete / sa=
hen wir / daß es in voller Flammen stund / und verbrann.  Bald
hernach kamen diese 3. Furgata auff uns / hatten 4. schiff bey ih=
nen / welche wir nicht gesehen / biß sie nahe zu uns kamen. Dersel=
bigen Capitain ist gewesen Herr Warr ein gebohrner Engellän=
der ein gewaltiger Mann / begehrte an uns / wir solten und erge=
ben. Wir sagen / wir hetten Kron bey uns. Da liessen sie uns ge=
hen. Dann seliber zeit das Korn bey ihnen gar wolfeyl war.

  Deß andern tags aber wolten sie / wir solten bey ihnen blei?
ben. Welchs aber unser Admiral nicht thun wolte / in besorgung /       (List mit List
es auff ein sondern List möchte angesehn seyn.  Also furehn wir         vertreiben.)
mit gutem Wind biß gen Venedig. Da wir auff Malamucka
S.14
ankommen am Palmtag. Lagen allda biß Pfingsten. Zur selbi=   (19.3.-15.5.1617)
gen zeit kamen 24. schiff mit 7000. Soldaten auß Holland / wel=
che under Graff Johan von Nassau gehörten: die sagten / daß     (Johann Ernst von Nassau, 
die Spanische Armada ihnen nichtes habe abgewinnen können.              Oberst der Generalstaaten,
Unsere schiff waren verarestirt / und in Dienst begehret worden.        venezianischer General.)
Aber unser Patron sagte: Dieses were noch sein erste Reyß / und
er deß Kriegens ungewohnet / man köndte wol einen anderen be=
kommen. Darauff erledig worden.  Unser Admiral / wie auch
sonsten etliche fürnehme Schiffpatronen unnd Capitain / under
welchen war Jacob Sturm von Amsterdam / ein sehr erfahrner
schiff Capitain / sind angenommen worden.

  Zu letzt bekamen wir widerumb Ladung in Apuliam zu Ot=
runto / oder in Calabria zu Gallipoli.  Fuhren also widerumb
von Venedig auff den Pfingstmontag auß dem Golfo zwischen         (Reyß in Apu=
Corfou und Apulia hin in Calabriam zu Gallipoli. Dasselbsten       liam.)
wir 10. Englische schiff angetroffen / welche mit uns ein Admiral=
schafft zu machen begert haben. Weil aber unser schiff wol muniert
und besäglet / wolt es mein schiffpatron nit annemmen. Welchs ihne
hernach vbel gereuen. Daselbsten kondten wir schier kein Ladung
bekommen. Musten also widerum in Apulia zu Ottrunto laden /           (Oelwald.)
nemlich 300. Potto mit baumöl. Dann daselbsten ganze wäld sind
von lauter ölbäume / un sonsten ein vber die massen fruchtbar land.

  Den 20. Julij [1617] fuhren wir auß Apulia / unnd kamen endlich
auß dem Stretto di Gibraltar / under den Capo Spart.  Da sa=
hen wir 22. schiff auff uns ankommen / und vermeinten / es weren die
Engelländer / welche bey uns zu Gallipoli gewesen. Haben aber /
ehe 3. stund fürüber waren / wolgesehen / daß sie Räuber gewesen.    (Feindliche
 Dann sie uns mit ganzer macht nachjagten.  Derohalben wir            gewalt.)
uns anfiegen zur Flucht zu rüsten. Dann sie uns an Macht gar
weit verlegen waren. Und so sie uns in ihren gewalt würden ge=
bracht haben / hetten wir Sclaven müssen bleiben unser lebenlang.
Deßhalben der Patron und alles Volck / Gott den herrn umb
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hülff angerufft. Ich für mein Person hab mich vbel besorgt / daß /
wann sie uns vberwältiget hetten / ich als ein krancker Mensch /
also bald were in das Merr geworffen worden. Sie sind uns den
ganzen tag biß mitternacht nachgefahren / mit solchem geschrey:
ARNIEL AMINE BERRAGAN, das ist / ergebe dich / Hund. Wir aber
schwigen still / und rufften Gott fleissig an / daß er uns bewaren
wolte.  Sie fiengen an auff uns zu schiessen / traffen zwar das
Schiff / aber niemand von uns ist beschädiget worden.  Also
folgten sie uns / biß es anfieng tag zu werden. Da kam der wind
auß Norden so schnell / daß sie die sägel in ihren Schiffen mu=
sten mindern / weil sie gar leicht geladen waren. Wir aber ver=
mehrten unsere sägel / dann wir schwer geladen. Unser Patron
fieng an zu befehlen / daß der Conestable solte das hinder Geschütz
fertig machen / und sehen / wo er treffen köndte. Dann jem mehr wir
geschossen / je mehr unser schiff forthgetrieben worden; hergegen
je mehr die Räuber vornen auß / auff uns geschossen / je mehr        (Wunderlich
auch ihre Schiff zu rück gewichen.  Solches schiessen hat von         schiessen auff
morgen biß umb den Mittag gewähret / da die Sonn in Suden             dem Meer.)
war. Also halff uns Gott der Herr sehr wunderlich.  Dafür
wir ihne auch gelobt haben. Deß andern tags kam ein klein Fran=
zos=Meerräuberlein / ider Raubschifflein an unser schiff. Aber
so bald sie sahen / daß wir unsere Stück zu den Porten oder
Schußlöchern hinauß gerichtet / wichen sie von uns. Also fuh=
ren wir mit zimblichem Wind und Wetter / biß zu deß Engel=
landes Ende / nemblich an dem Surles / welches ein kleine Insul
ist / also stemechtig / daß / wann ein Schiff darauff stosset / unnd
der Wind streng ist / kan niemand darvon kommen. Dann rings            (Sterles.)
herumb viel spitzige Felsen sind. Wir aber fuhren hart neben die=
sem Felsen hinan.  Und als wir eines schuß Wegs gefahren /
sind wir wegen näblechten Wetters in solche Gefahr gerathen /        (Nebel)
daß schier niemands darvon kommen were. Es ist aber so schnell
glanz oder hell Wetter worden / daß wir uns ob Gottes Güte
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gegen uns nicht genugsam verwundern kondten. Etliche haben
gemeint / der böse Geist / und die Unholden hetten solch trüb
Wetter gemacht. Der Schiff Patron hat sie ernstlich gescholten /
sie solten solche Gottlosen Reden nicht mehr treiben.

Also sind wir nun / nach außgestanden vielen Trübsa=
len und Gefahren / den 24. Aug. 1617. in Holland / mit Gottes
hülff / widerumb ankommen. Demselbigen getreuen / und All=
mächtigen Gott / welcher auch an mir diese Verheissung (Psalm.
68.) erwiesen: Ich will euch widerbringen auß den tieffen 
deß Meers / sey Lob / Ehr und Danck in Ewig=
keit / Amen.



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