vor400.de - 400 years ago

heute: Wed, 01 Jan 1625 (greg.) / 22 Dec 1624 (jul.)

Italien

Italien am Vorabend des dreißigjährigen Krieges

aus: Friedrich Schiller - Geschichte des dreißigjährigen Kriegs, 1740

Zu großer Beunruhigung der dortigen Staaten hatte sich diese beschwerliche Macht in Italien eingedrungen, wo ihr fortgesetztes Streben nach Vergrößerung alle benachbarten Souveräns für ihre Besitzungen zittern machte. In der gefährlichsten Lage befand sich der Papst, den die spanischen Vicekönige zwischen Neapel und Mailand in die Mitte nahmen.
Die Republik Venedig sah sich zwischen dem österreichischen Tirol und dem spanischen Mailand gepreßt; Savoyen kam zwischen eben diesem Lande und Frankreich ins Gedränge.
Daher die wandelbare und zweideutige Politik, welche seit Karls des Fünften Tagen von den Staaten Italiens beobachtet wurde. Die doppelte Person, welche die Päpste vorstellten, erhielt sie schwankend zwischen zwei ganz widersprechenden Staatssystemen. Wenn der Nachfolger Petri in den spanischen Prinzen seine folgsamsten Söhne, die standhaftesten Vertheidiger seines Stuhls verehrte, so hatte der Fürst des Kirchenstaats in eben diesen Prinzen seine schlimmsten Nachbarn, seine gefährlichsten Gegner zu fürchten. Wenn dem Erstern keine Angelegenheit näher ging, als die Protestanten vertilgt und die österreichischen Waffen siegreich zu sehen, so hatte der Letztere Ursache, die Waffen der Protestanten zu segnen, die seinen Nachbar außer Stand setzten, ihm gefährlich zu werden. Das Eine oder das Andere behielt die Oberhand, je nachdem die Päpste mehr um ihre weltliche Macht oder um ihre geistliche Herrschaft bekümmert waren – im Ganzen aber richtete sich die römische Staatskunst nach der dringenderen Gefahr – und es ist bekannt, wie viel mächtiger die Furcht, ein gegenwärtiges Gut zu verlieren, das Gemüth zu bestimmen pflegt, als die Begierde, ein längst verlorenes wieder zu gewinnen. So wird es begreiflich, wie sich der Statthalter Christi mit dem österreichischen Hause zum Untergang der Ketzer, und wie sich eben dieser Statthalter Christi mit eben diesen Ketzern zum Untergang des österreichischen Hauses verschwören konnte.
Bewundernswürdig verflochten ist der Faden der Weltgeschichte! Was möchte wohl aus der Reformation – was aus der Freiheit der deutschen Fürsten geworden sein, wenn der Bischof zu Rom und der Fürst zu Rom beständig ein Interesse gehabt hätten?




- page under construction -

Vorgeschichte - Prolog

über vor400.de - about

Start

find entries on Bluesky vor400 or all entries on Twitter @vor400