heute: Wed, 01 Jan 1625 (greg.) / 22 Dec 1624 (jul.)
England am Vorabend des dreißigjährigen Krieges
aus: Friedrich Schiller - Geschichte des dreißigjährigen Kriegs, 1740
Auch England, obgleich unterdessen durch Schottland vergrößert,
hatte unter seinem schwachen Jakob in Europa das Gewicht
nicht mehr, welches ihm der Herrschergeist seiner Elisabeth
zu verschaffen gewußt hatte. Ueberzeugt, daß die
Wohlfahrt ihrer Insel an der Sicherheit der Protestanten befestigt
sei, hatte sich diese staatskluge Königin nie von dem
Grundsatz entfernt, jede Unternehmung zu befördern, die auf
Verringerung der österreichischen Macht abzielte. Ihrem
Nachfolger fehlte es sowohl an Geist, diesen Grundsatz zu fassen,
als an Macht, ihn in Ausübung zu bringen. Wenn die sparsame
Elisabeth ihre Schätze nicht schonte, um den
Niederlanden gegen Spanien, Heinrich dem Vierten gegen die
Wuth der Ligue [Katholische Liga] beizuspringen, so überließ Jakob
– Tochter, Enkel und Eidam [Schwiegersohn] der Willkür eines
unversöhnlichen Siegers. Während daß dieser König
seine Gelehrsamkeit erschöpfte, um den Ursprung der
königlichen Majestät im Himmel aufzusuchen, ließ
er die seinige auf Erden verfallen. Indem er seine Beredsamkeit
anstrengte, um das unumschränkte Recht der Könige
zu erweisen, erinnerte er die englische Nation an das ihrige
und verscherzte durch eine unnütze Geldverschwendung sein
wichtigstes Regal, das Parlament zu entbehren und der
Freiheit ihre Stimme zu nehmen. Ein angebornes Grauen vor jeder
bloßen Klinge schreckte ihn auch von dem gerechtesten Kriege
zurück; sein Liebling Buckingham spielte mit seinen
Schwächen, und seine selbstgefällige Eitelkeit machte es
der spanischen Arglist leicht, ihn zu betrügen.
Während daß man seinen Eidam in Deutschland zu Grunde richtete und
das Erbtheil seiner Enkel an Andere verschenkte, zog dieser
blödsinnige Fürst mit glückseligem Wohlgefallen den
Weihrauch ein, den ihm Oesterreich und Spanien streuten. Um seine
Aufmerksamkeit von dem deutschen Kriege abzulenken, zeigte man ihm
eine Schwiegertochter in Madrid, und der spaßhafte Vater
rüstete seinen abenteuerlichen Sohn selbst zu dem Gaukelspiel
aus, mit welchem dieser seine spanische Braut überraschte.
Die spanische Braut verschwand seinem Sohne, wie die böhmische
Krone und der pfälzische Kurhut seinem Eidam, und nur der Tod
entriß ihn der Gefahr, seine friedfertige Regierung mit
einem Kriege zu beschließen, bloß weil er den Muth
nicht gehabt hatte, ihn von weitem zu zeigen.
Die bürgerlichen Stürme, durch sein ungeschicktes Regiment vorbereitet, erwachten unter seinem unglücklichen Sohn und nöthigten diesen bald, nach einigen unerheblichen Versuchen, jedem Antheil an dem deutschen Kriege zu entsagen, um die Wuth der Faktionen in seinem eigenen Reiche zu löschen, von denen er endlich ein beklagenswertes Opfer ward.
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